GRÜNER Dialog zur Zukunft der Windenergie

Gute Ziele führen nicht zwingend zu guten Lösungen

 „Es ist zu befürchten, dass durch die bisherigen Maßnahmen die ausgewogene räumliche Verteilung von Windkraftanlagen im Bundesgebiet nicht gewährleistet wird. Außerdem besteht die Gefahr, dass geplante Windenergieprojekte wegen zu geringer Renditeerwartungen in Zukunft nicht realisiert werden.“ Über die Folgen der Novelle des Erneuerbaren Energien Gesetzes (EEG) 2017 informierten die Wissenschaftler des Leibniz Forschungszentrums Energie 2050, Jan-Hendrik Piel, und des Instituts für Wirtschaftsinformatik, André Koukal, die Besucher des GRÜNEN Dialoges in Wolfenbüttel. Die Kandidatinnen der GRÜNEN für die Bundes- und Landtagswahl, Ghalia El Boustami und Ulrike Siemens, führten durch die Informations- und Diskussionsveranstaltung.

Die Referenten erläuterten die Steuerungsmechanismen des EEG und deren gewollten und ungewollten vorläufigen Ergebnisse. Durch ein Auktionssystem werde beim EEG 2017 erstmals Wettbewerb zwischen Projekten gewährleistet. Die Bieter geben Gebote für den gewünschten zukünftigen Preis pro eingespeister Einheit Strom ihrer Anlagen ab. Die günstigsten Projekte bekommen den Zuschlag und dürfen realisiert werden. Damit nicht nur finanzstarke Investoren eine Chance haben im Wettbewerb zu bestehen, sind Erleichterungen für Bürgerenergiegesellschaften vorgesehen. Bei diesen muss die Mehrheit der Anteile bei ortsansässigen Einwohnern liegen. Bei den ersten beiden Auktionsrunden haben nun fast ausschließlich Bürgerenergiegesellschaften den Zuschlag erhalten. Die Preise für die Kilowattstunde produzierten Stroms seien jedoch insbesondere in der letzten Auktionsrunde so niedrig ausgefallen, dass fraglich sei, ob diese Projekte überhaupt realisiert werden können. Aufgrund der langen Frist zur Realisierung bei Bürgerenergieanlagen von viereinhalb Jahren und der damit verbundenen unsicheren Preisentwicklung sind bei den Auktionen „riskante Wetten auf die Zukunft“ abgeschlossen worden, erläuterte Jan-Hendrik Piel. Sollten diese Wetten nicht aufgehen, weil die erwarteten Technologieverbesserungen und Kostenreduktionen nicht eintreten, wird ein Großteil der bezuschlagten Projekte womöglich gar nicht realisiert, da diese Projekte dann keine ausreichende Renditen erzielen würden. In diesem Fall werde der Ausbau der Windenergie nicht im gewünschten und klimatisch gebotenen Umfang realisiert werden. André Koukal fasste die Bedenken der jungen Wissenschaftler zusammen: „Wir befürchten, dass der Schutzmechanismus in sein Gegenteil umgeschlagen ist.“

Ein weiteres Problem sahen die Referenten darin, dass durch die bisherigen Regelungen im EEG 2017 das Ziel, Windenergieprojekte sinnvoll über die Bundesrepublik zu verteilen und damit die Notwendigkeit kostenaufwändiger Stromtransporte und Netzstabilisierungen zu reduzieren, nicht im gewünschten Umfang erreicht werde. Hier müsse noch nachgesteuert werden, so dass Anbieter in windschwächeren Regionen ebenfalls zum Zug kommen könnten.

Jan-Hendrik Piel stellte zusammenfassend fest: „Der Auktionsmechanismus weist in die richtige Richtung, aber er steckt noch in den Kinderschuhen. Nachregulierungen sind nötig.“ André Koukal ergänzte: „Wir müssen gucken, was in den nächsten vier Jahren passiert. Gute Ziele führen nicht zwingend zu guten Lösungen.“

„Es kann nicht richtig sein, wenn durch das Auktionsverfahren der Ausbau der Windenergie verzögert oder sogar verhindert wird“, stellte Ulrike Siemens in der anschließenden Diskussionsrunde fest. „Hier sollten wir nach der Bundestagswahl beim EEG 2017 nachsteuern, damit die dringend notwendige Energiewende zügig und erfolgreich voran getrieben wird,“ pflichtete Ghalia El Boustami bei.

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